Irgendwie fange ich hier jetzt zum dritten Mal an, meinen Test zum Lehmann Audio Linear zu schreiben. Zu sehr war ich darauf fixiert, erstmal den Hintergrund des Tests zu klären – aber das habe ich jetzt an anderer Stelle erledigt. Wer Bock hat, kann das nachlesen.
Die Testmuster vom Lehmann Audio Linear und Linear II wurden uns freundlicherweise vom Hersteller zur Verfügung gestellt. Aber keine Sorge: Das beeinflusst unsere Meinung null. Hier gibt’s wie immer die ungefilterte Wahrheit.
Lieferumfang und Verarbeitung
Wohl verpackt kamen die Lehmann Audio Linear hier an. Beim Lieferumfang ist bei einem Kopfhörerverstärker natürlich schnell Schluss: Kaltgerätekabel dabei, ein Cinch-Kabel muss man sich selbst besorgen – dann kann’s losgehen.
Verarbeitung? Absolut next level! Die 3mm dicke Aluminium-Frontplatte, das massive Gehäuse, der fette Ringkerntrafo im Inneren – alles fühlt sich nach High-End an. Der Lautstärkeregler läuft satt mit genau dem richtigen Widerstand, das Rad gleitet smooth durch die Finger. Die Kopfhörerbuchsen sind hochwertig, die kleine LED an der Front dezent und nicht zu grell.
Was mir direkt aufgefallen ist: Der Linear ist echt lang und braucht ordentlich Platz auf dem Schreibtisch. Unter meinem Balolo steht er jetzt, ragt aber hinten ziemlich raus. Zwei Kopfhörerausgänge gibt’s, beide werden gleichzeitig befeuert. Mit zwei DIP-Schaltern auf der Unterseite kann man die Ausgangslautstärke anpassen – praktisch für hungrige Kopfhörer, bei mir aber erstmal nicht nötig.
Hinten gibt’s zwei Cinch-Paare mit vergoldeten Kontakten – ein Paar als Eingang, eins als Ausgang, z.B. für aktive Monitore. Dazu noch der Ein/Aus-Schalter und der Stromanschluss.
Einziger echter Minuspunkt: Der Netzschalter ist hinten! Mega unpraktisch am Schreibtisch, ich muss immer zwischen Balolo und Monitor rumfummeln, um das Teil anzumachen. Ein Schalter vorne wäre ein Traum. Vielleicht hilft hier eine smarte Steckdose, denn nach vier Wochen nervt das echt.









Kopfhörerverstärker – warum überhaupt?
Hm… sehr gute Frage, die ich mir eigentlich nie gestellt habe, weil ja fast alles auf dem Schreibtisch schon einen Verstärker verbaut hat. Soundkarten, Audio-Interfaces, alles all-in-one. Aber gerade die Mikro-Interfaces sind für Kopfhörer oft nicht optimal, da lohnt sich ein separater DAC und Amp.
Viele DACs übernehmen zwar die Verstärkerrolle, sind aber meist auf normale Gaming-Headsets ausgelegt. Und mal ehrlich: Viele Gamer wissen gar nicht, was ihnen klanglich entgeht – oder sparen halt am falschen Ende. Die Branche hat sich aber entwickelt, Billigmarken wie Speedlink sind quasi weg vom Fenster.
Im Grunde ist es wie bei der Anlage im Wohnzimmer: Entweder All-in-One oder getrennte Komponenten. Ein guter DAC ist nicht automatisch ein guter Amp. Gerade mit hochwertigen Kopfhörern trennt sich die Spreu vom Weizen. Mein Fosi K7 klingt für 180 € schon richtig stark, aber mit dem Lehmann Linear geht’s nochmal auf ein anderes Level.
HiFi-Regel: Komponenten sollten preislich zusammenpassen. Aber manchmal gibt’s eben auch Einhörner – wie den K7. Kombiniert mit einem 900 € Verstärker und evtl. einem besseren Netzteil (nochmal 100–120 €) landet man bei 300 €, hat aber ein Set, das richtig performt.



Klang mit dem Lehmann Audio Linear und Fosi Audio K7
Ich geb’s zu: Der K7 hatte mich schon vorher abgeholt. Sein AKM 4493SEQ ist schon sehr cool. Ein wenig Wärme, aber dennoch super Details. Lehmann Linear dran geklemmt, Kopfhörer umgestöpselt, wow. Ich sag jetzt nicht, dass der Lehmann was am Klang macht – das tut er mit absoluter Sicherheit nicht. Er macht eher, dass es potenter klingt? Kann man das so sagen? Harmonischer, weil er halt gefühlt keine Versorgungsschwäche aufweist.
Das ist dieser berühmte Unterschied, wenn ein Verstärker nicht in die Knie geht und die Musik einfach mehr lebt. Ich habe das schon mal beschrieben beim Test von Verstärkern gegenüber Receivern. Diese gehen halt teilweise kurzzeitig in die “Knie” und der letzte Punch fehlt. Ziemlich genau das empfinde ich hier auch. Der Lehmann gibt der Musik noch mal mehr Energie. Nix, was ich vermissen würde, wenn ich es nicht erst gegengehört hätte, aber jetzt, wo ich es kenne, will ich’s nicht mehr missen.
Generell nennt man dies Transienten – und während ich diesen Text hier schreibe, merke ich immer wieder, dass ich auch hierüber aufklären muss. Deswegen gibt’s bei uns auch eine Erklärung zu Transienten.
Von Vorteil kann es schon sein, wenn man den DAC auf Line-Out stellen kann, dann hat man die Referenz-Ausgangsleistung anliegen. Das ging jetzt beim K7 nicht, aber ich habe ihn quasi auf ca. 2/3 Lautstärke gestellt und dann die Lautstärke über den Linear geregelt.
Was mir ab dann aufgefallen ist: Ich hatte richtig Spaß am Hören. Hat aber auch dazu geführt, dass ich die Musik streckenweise aufgedreht habe. Im Wohnzimmer ist das einfach, ich hab mal mein Handy mit Dezibelmesser zwischen Ohr und Kopfhörermuschel geschoben und gemessen. Ob das jetzt den wirklichen Schalldruckpegel anzeigt, weiß ich nicht. Vielleicht hat ja wer ne Idee, wie man das mal gescheit messen kann?
Für genau diesen Fall hat aber Norbert noch einen Hinweis verschriftlicht in seinem Techletter. Hier weist er nochmal auf die Lautstärken und Dauer hin, die man hören sollte, ohne dauerhafte Gehörschäden.
Stepup zum Fosi ZD3
Fosi bewirbt den Fosi ZD3 als seinen Flagship DAC, welcher aber mit 189 € immer noch moderat im Preis ausfällt. Hier werkelt jetzt kein AKM-Chip, sondern ein Sabre ES9039Q2M – also tendenziell der Zweikanal-Flaggschiff-DAC im mobilen Sektor. Der ZD3 ist zwar noch Vorstufe, hat aber schon keinen Kopfhörerverstärker mehr an Board. Dafür kann man an ihm noch rumtunen mit OpAmps, was ich auch ausgiebig getan habe. Ergebnisse folgen im ausführlichen Test. Aber aktuell warte ich noch auf OpAmps, demnach dauert es noch ein wenig, bis ich final bin.
Bis darauf, dass ich mich irgendwie auf der Sabre-Seite der Macht fühle, weil ich dann doch das Analytische vom Sabre mehr schätze und der DAC als solcher nochmal besser als der K7 performt, konnte ich hier lediglich ausmachen, dass mir die Kombo richtig gut gefällt. Platztechnisch ist der ZD3 auf dem Schreibtisch angenehm, optisch sieht er auch ansprechend aus.
Stepup zum Burson Audio Playmate 3 Deluxe
Ein ganz anderes Level betritt man natürlich dann mit dem Burson Audio Playmate 3, welcher auch erst kürzlich erschienen ist. Aber ich bin nunmal Spielkind und Burson ist die Wiege der Audiospielerei, haben sie doch diskrete OpAmps in den Markt gebracht und bieten wie Fosi Audio ebenfalls die Möglichkeit, eben jene auszutauschen.
Beim DAC-Chip handelt es sich wieder um den ES9039Q2M, welcher hier natürlich nochmal anders implementiert wurde. Hier gibt es noch spezifische Einstellungsmöglichkeiten, die den Klang anpassen lassen.
Hätte ich jetzt keinen Lehmann Audio Linear hier, würde mir erstmal wahrscheinlich der Kopfhörerverstärker im Playmate 3 reichen. Hier müssen wir aber auch hinzunehmen, dass es sich schon um die Deluxe-Version handelt, welche mit fast 1100 € zu Buche schlägt.
Hier ist mit dem Linear dennoch noch was rausholbar, wobei der Linear II hier das i‑Tüpfelchen setzt. Aber dazu wollte ich einen eigenen Artikel schreiben. Hier kann man dann definitiv sagen, dass die Transientenwiedergabe noch ein Quäntchen zulegt. Ich weiß jetzt nicht, wie das viele Leute abmachen in ihrer Musik, aber ich mache das an gut aufgenommener Musik ab. Hier hatte ich zum Beispiel ganz gerne Korn gehört. Die meisten Alben stehen hier mit 192 kHz zur Verfügung, auch wenn ich ab einer bestimmten kHz-Zahl nicht mehr wirklich einen Unterschied abmachen kann, ist das die mir höchst verfügbare. Hier gibt es manche Aufnahmen, die ganz deutliche Anrisse von Gitarren- und Basssaiten haben, was mir vorher verwehrt war zu hören, aber die Musik jetzt mehr wie Musik klingen lassen. Good God, Reclaim my place, no place to hide wären da so Titel.
Schwer zu beschreiben, aber jeder kennt den Unterschied des Klangs, abgesehen von der Lautstärke, eines Konzerts. Auch hier hört man direkte Einflüsse der Instrumentenbedienung, also das leise Schleifen der Finger über die Metallsaiten oder auch das Anschlagen, bzw. den Zeitpunkt, wo der Drumstick das Becken hölzern trifft. Hier bilde ich mir ganz hart ein, dass ich das nicht oder nicht so intensiv hatte. Mehr zu Transienten habe ich dann gleich mal hier geschrieben.


Voll analog am Plattendreher
Ich glaub, ich hab noch nie so direkt meinen Plattendreher abgehört. Also tendenziell war halt nur der Plattendreher, der Graham Slee Gram Amp 2 SE und der Lehmann Audio Linear in meiner Audiokette. Dadurch, dass der Linear über eine Lautstärkeregelung verfügt, klappt das hervorragend.
Was soll ich sagen? Definitiv mal noch eine andere Welt. Man ist einfach noch eine Runde näher an allem dran. Der Graham Slee macht seine Sache wirklich gut, auch wenn ich irgendwann noch mal die Möglichkeit haben möchte, mich hier auszuprobieren. Beim Lehmann ist man aber in der Tat schon so ziemlich angekommen. Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass man mit so einem Gerät noch viel mehr will. Braucht vielleicht, wenn da doch noch was richtig Leistungshungriges genutzt werden soll, aber sag niemals nie.
Ich hätte sicherlich ohne Norbert Lehmann auch nicht einen Kopfhörerverstärker im Haus gehabt und diesen erst recht nicht an mein Plattensetup gehangen.
WiiM
Auch an einem WiiM Ultra macht sich der Linear hervorragend. So bekommt man ein schönes, minimalistisches High-End-Setup dahingestellt. Die hervorragende Bedienbarkeit des WiiM Ultra mit einem leistungsstarken Kopfhörer-Amp hebt die Kiste zumindest für eben jene auf ein anderes Level. Definitiv nicht für Einsteiger, aber für Aufsteiger sicherlich eine tolle Option.
Eversolo
Kommen wir zu meinem unangefochtenen Lieblingsstreamer, dem Eversolo DMP-A6 und DMP-A6 Master Edition. Der WiiM ist wirklich geil, als Ultra mit seinem Display und der Bedienung… wirkt er aber dennoch ein wenig ipsig und eher wie ’ne Dose, ist der Eversolo einfach ein ausgewachsenes, aber dennoch junges Stück HiFi. Den Linear angeschlossen, rockt diese Kombo in meinen Augen schon ziemlich. Ich habe Stunden verbracht, mit dieser Kombo zu hören. Das große Display, welches mir immer das Cover zum aktuellen Song anzeigt, durch den Kopfhörer jetzt in der Nähe. Vertieft in die Musik versunken und immer mal einen Blick auf das Display. Handy beiseite und mit der Touch-Steuerung hier ein wenig den Alltag verschwinden lassen.
Klanglich über aller Zweifel erhaben. Der Linear tut das, was Norbert Lehmann verspricht: Linear spielen und das wirklich zur Entspannung.
Persönliches Empfinden
Ich weiß nicht, was es ist, aber ich glaube, es liegt nicht nur am “besseren”, “entspannteren” Ton, sondern auch an vielerlei anderer Faktoren. Sich einen Kopfhörerverstärker wie den Linear zuzulegen, bedeutet halt zum einen das Commitment auf den Kopfhörer an und für sich. Man gibt hier 1000 € für ein feines Stück Technik aus, welches allen angeschlossenen Kopfhörern schon mal auf dem Papier die Leistung zuteilwerden lässt, die sie benötigen. Weiterhin geht man davon aus, dass der Linear in keinster Weise meinen Ton verfärbt, sondern die einzigen klangbestimmenden Faktoren die Musik selber und der DAC + ggf. Equalizer sind. Was heißt, dass ich mir meine Musik so anpassen kann, wie ich sie vielleicht gerne höre – wärmer, analytischer – und nicht noch weitere Komponenten habe, welche ich in diese Einstellung einberechnen muss.
Mit dem Commitment weiß ich innerlich auch: Hier handelt es sich um ein absolutes Referenzgerät. Vielleicht ist es eine innere Ruhe, die entsteht, weil ich nicht versuche, zwangsläufig den Fehler an eben jener Stelle zu suchen, wenn ich im Klang etwas entdecke, das mir nicht gefällt oder schlimmstenfalls sich nicht natürlich anhört.
Jedenfalls hat mich das Commitment dazu bewegt, noch mal mehr Musik zu hören, weil ich neugierig war, wie, was, jetzt eventuell anders als vorher klingt. Andere Kopfhörer an dem Linear zu hören, welche ich vielleicht beim ersten Mal so gut fand und ihnen noch eine zweite Chance zu geben.



Für wen ist denn nun der Lehmann Audio Linear?
Ganz klar: Enthusiasten. Wenn du deine Musik und deinen Musikgenuss weiter nach vorne bringen möchtest. Klingt vielleicht dein DAC schon nach dem, was du dir so vorstellst, kannst du sicherlich mit dem Linear hier und da noch ein Quäntchen herausholen. Weiterhin gibt er dir Freiheit bei deiner zukünftigen Kopfhörerwahl. Dennoch wäre es natürlich nicht mein erstes Upgrade. Vorziehen würde ich immer OpAmps und das Netzteil, da dies natürlich einen ganz entscheidenden Einfluss auf den Klang hat.
Ganz ehrlich würde ich den Lehmann Audio Linear (bzw. hier den Linear II) nicht mehr missen wollen. Letztlich entscheidet bei mir nur das Budget. Gerne hätte ich einen Linear II hier im Repertoire, alleine für zukünftige Tests von Geräten, da ich jetzt einmal in den Kaninchenbau gefallen bin. Aber da alles hier auf dem Blog dennoch Geld kostet und durch meine Entscheidung, den Blog gar nicht zu monetarisieren, alles vom Hobby-Budget abgeht, muss jede Ausgabe wohl überlegt sein. So sehr es mich und die Qualität nach vorne bringen würde, gibt es einfach auch andere Ausgaben hier, die man nicht sieht. Oft müssen Zölle bezahlt werden für Lieferungen und geschenkt bekommt man nunmal auch nix.
Also: Wer sich ein geiles Desktop-Setup zusammenbauen will, sollte definitiv mit einem Kopfhörerverstärker rechnen. Beim Lehmann Audio Linear macht man absolut nix falsch und bekommt “deutsche Wertarbeit und Engineering”. Vielleicht auch sowas wie Zukunftssicherheit – vom Linear zum Linear II bietet Lehmann Audio auch ein Upgrade an.
Analog-Setup direkt am Phono-Pre-Amp? Ebenfalls geil. Vielleicht in einer Mietsituation, oder einfach um die bessere Hälfte nicht zu nerven. Oder einfach, weil man beides genießt. Mal mit den Lautsprechern und mal mit den Kopfhörern. War vor diesem Test mir nicht so präsent, kann ich aber voll und ganz nachvollziehen.
Direkt an einen Streamer? Geile Sache. Durch die direktere Nähe der Kopfhörer zum Ohr merkt man aber schon Nuancen-Unterschiede bei den Streamern. Wo ein WiiM Ultra wirklich geil an einer Anlage ist, kann ein Eversolo noch ’ne deutliche Ecke besser klingen auf dem Kopfhörer.
Fazit
Hier gibt’s kein Haar in der Suppe, sondern nur unbändige Power, ohne nur ein Quäntchen den Klang zu verfälschen. Wer einen Kopfhörerverstärker sucht, der einfach das macht, was man erwartet, ohne irgendwelche OpAmp-Spielereien, ist hier an seinem erstrebenswerten Ziel angekommen. Feinste Class-A-Verstärkung, solide Bauweise und mit Liebe engineered.










Behind the Scenes
Ich hatte hier natürlich auch einige Kopfhörerkandidaten am Start, mit welchen ich rumgespielt habe: Diese waren Audezee LCD‑X, LCD‑3, Sennheiser HD 550, Verum 2, Fosi Audio i5, Beyerdynamic DT1990 Pro. IEM’s habe ich die Juzear Defiant, 7Hz Timeless II und Shanling ME600 mit dem Linear betrieben. Musik wurde fast ausschließlich mit Qobuz gestreamt. Eine Referenzplaylist findet sich hier.
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